Moderne Stiftungen.
Und was das für Ihr Fundraising bedeutet
7.7.2025
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Aus der Sicht von
Anita Baumgartner
Früher war es relativ einfach: Ein:e Fundraiser:in sandte ein Gesuch für ein bestehendes oder geplantes Projekt an mehrere Stiftungen und bekam nach einer Weile Geld – oder nicht. Heute ist die Situation komplexer. Wir geben eine Übersicht.
In der Schweiz wird immer noch fast jeden Tag eine neue Stiftung gegründet, auch wenn die Zahl von Neugründungen ab- und die Zahl von Liquidationen zunimmt, gemäss dem Schweizer Stiftungsreport 2025. Gerade neue und modernere Stiftungen arbeiten anders, und auch bei vielen älteren Stiftungen führt das Nachrücken von jüngeren Stiftungsräten zu Modernisierung, Professionalisierung und damit auch zu neuen Arbeitsweisen. Und das wiederum bedingt, dass sich gemeinnützige Organisationen anders aufstellen und die Fundraiser:innen ihre Rolle anpassen müssen.
Die klassische Vergabestiftung gibt es weiterhin, aber was auffällt: Die Vielfalt der Förderformen hat stark zugenommen. Die folgende Auswahl zeigt, was dies für Fundraiser:innen bedeutet.

Typ Dachstiftung resp. Unterstiftung
Immer mehr vermögende Privatpersonen entscheiden sich gegen eine eigene Stiftung, aus verschiedenen Gründen: Oft ist das Vermögen zu klein, sie scheuen den administrativen Aufwand, wollen von den besseren Konditionen einer Dachstiftung profitieren, oder sie möchten einfach im Hintergrund bleiben. Allein in der Schweiz gibt es mittlerweile rund 30 Dachstiftungen mit über 450 Unterstiftungen, sowohl bei Banken, anderen Institutionen und als auch unabhängige. Die Funktionsweise ist sehr unterschiedlich: Manche bieten fixe Programme an, andere gehen stark auf die Wünsche der einzelnen Donatoren ein, wieder andere haben verschiedene Fonds. Auch die Vergabe funktioniert sehr unterschiedlich.
Für Fundraiser:innen heisst dies: Sie müssen jede einzelne Dachstiftung analysieren und recherchieren, ob es in Ihrem Bereich passende Fonds oder Unterstiftungen gibt. Einfach Gesuche einzureichen, ist meist nicht zielführend. Vielmehr braucht es ein massgeschneidertes Vorgehen je nach Vorgaben der Dachstiftung.
Typ „Do it yourself“
Bei den neuen Förderstiftungen gibt es eine auffällige neue Gruppe: Sehr vermögende Privatpersonen oder Firmen betreiben Philanthropie wie ein Business. Viele von ihnen nehmen gar keine Gesuche entgegen. Die Vorhaben, die sie ermöglichen wollen, setzen sie gleich selbst um. Sie legen die Förderschwerpunkte fest, stellen Fachpersonal ein und bauen eigene Projekte und Programme auf, für die sie allenfalls Umsetzungspartner suchen. All dies finanzieren sie aus dem eigenen Vermögen.
Für Fundraiser:innen bedeutet das: Geld zu bekommen für eigene Projekte ist von solchen Stiftungen fast unmöglich. Bestehende Organisationen haben nur dann eine Chance, wenn sie relevantes Fachwissen in den prioritären Bereichen der Stiftung vorweisen und als Umsetzungspartner auftreten können. Dann kann es sein, dass man von den Mitteln der Stiftung profitiert.
Typ „Inkubator“
Manche Stiftungen suchen gezielt nach neuartigen, innovativen Partnern und Initiativen, die sie umfassend beim Lösen drängender Probleme unterstützen – nicht nur mit Finanzen, sondern auch Beratung, Netzwerken oder Organisationsentwicklung. Sie sehen sich als Inkubatoren, nicht als Dauerfinanzierer. Altgediente und bewährte Hilfswerke sind in ihren Augen oft zu träge oder festgefahren.
Für Fundraiser:innen heisst das: Ihr Vorhaben hat nur dann Chancen, wenn es neuartig ist und ein aktuelles Problem angeht, für das es noch keine funktionierende Lösung gibt. Oder wenn es einen innovativen, effizienteren Ansatz wählt. Laufende Projekte oder Angebote haben bei solchen Stiftungen kaum eine Chance.
Typ „Selektive Partnerschaften“
Vermehrt warten Vergabestiftungen nicht auf eingehende Gesuche, sondern sie suchen sich von Anfang an gezielt Partnerorganisationen aus, mit denen sie zusammenarbeiten möchten. Mit ihnen erarbeiten und planen sie gemeinsame Projekte oder Programme, die sie dann finanzieren. Oft erwarten diese Stiftungen auch, dass ihre Partner in solchen Programmen mit anderen Organisationen Kooperationen eingehen, um ein Problem ganzheitlicher anzugehen.
Für Fundraiser:innen bedeutet das: Mit solchen Stiftungen dauert es meist seine Zeit, bis ein gemeinsames Projekt ausgearbeitet ist. Sie wollen sich einbringen und mitdenken, Organisationen vernetzen und Ansätze zusammenführen. Es braucht viel Offenheit und gutes Zuhören, um die eigenen Erfahrungen und Schwerpunkte mit jenen der Förderstiftung in Übereinstimmung zu bringen. Mit der Tür ins Haus zu fallen oder eigene Konzepte in den Vordergrund rücken, ist keine gute Strategie. Vielmehr sollte man sich über gemeinsame Ziele und Interessen als möglicher Partner ins Spiel bringen.
Fazit:
Die Aufgabe von Stiftungsfundraiser:innen verändert sich. Sie sind immer stärker nicht einfach „Verkäufer:innen“ bestehender Projekte, sondern „Business Developer“. Das bedeutet auch, dass sie die Kompetenzen und Stärken der eigenen Organisation sehr gut kennen und eine gewisse Freiheit haben müssen, über den eigenen Horizont hinauszudenken. Zum Beispiel sollten sie wissen, in welchen Bereichen die Organisation bei entsprechender Finanzierung gerne etwas (weiter-)entwickeln würde. Und das wiederum bedingt eine stärkere Position innerhalb der Organisation und in die operative Planung zumindest teilweise einbezogen zu werden.
Brauchen Sie Unterstützung oder Coaching bei dieser Weiterentwicklung? Dann melden Sie sich ungeniert bei uns!
Disclaimer: Zuerst erschienen im Fundraising Magazin